Deutschland muss vierte EU-Anti-Geldwäscherichtlinie umsetzen

Seit Jahren wird in Deutschland eifrig darüber debattiert, ob nicht die Transparenz im Stiftungswesen erhöht werden müsste. Ein Stiftungsregister stand zuletzt auch wieder im Forderungskatalog der „Bund-Länder-Arbeitsgruppe“, der im November vorgelegt wurde (zu den Ergebnissen im Detail siehe DIE STIFTUNG Ausgabe 1-2017, die am 15.2. erscheint). Ein solches Register, könnte ähnlich dem Vereinsregister nicht nur alle Stiftungen in Deutschland führen, sondern auch verlässliche Angaben zur Vertretungsbefugnis der Stiftung machen. Ob und wann es kommt, ist ungewiss. Vor 2018 erscheint allerdings nicht realistisch.

Transparenzregister „schießt übers Ziel hinaus“

Dass es dieses Jahr doch noch zu strengeren Veröffentlichungspflichten von Stiftungen kommen dürfte, liegt an der EU-Kommission – und am straffen Zeitplan von Bundesfinanzminister Schäuble. Konkret geht es um die Umsetzung der vierten EU-Anti-Geldwäscherichtlinie, die längst ansteht. Der Minister möchte sie nun aber noch unbedingt vor der parlamentarischen Sommerpause und den anschließenden Neuwahlen in ein Gesetz gießen. In diesen Tagen sollen im Kabinett die finalen Beratungen stattfinden und danach soll dem Bundestag ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden. Die Umsetzung ist Teil von Schäubles Aktionsplan nach Bekanntwerden der „Panama Papers“-Affäre.

Die EU-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, ein „Transparenzregister“ einzuführen, um die Finanzierung von Terrorismus und die Geldwäsche zu erschweren. In diesem Register müssen sich aber laut Referentenentwurf nicht nur Kapitalgesellschaften wiederfinden, sondern auch Vereine und Stiftungen. „Der Gesetzgeber – angehalten durch die europäischen Institutionen – will hier keine Ausnahmen zulassen“, sagt Rechtsanwalt Berthold Theuffel-Werhahn, Leiter der Stiftungsberatung bei PwC, der die angestrebte Lückenlosigkeit des Gesetzes in dieser Form aber für über das Ziel hinausschießend hält: „Ich kenne keinen Fall, in dem eine Stiftung mit Terror oder Geldwäsche konfrontiert war. Außerdem ist kaum anzunehmen, dass jemand den aufwendigen und gelegentlich zeitraubenden Weg über die Anerkennung einer rechtsfähigen Stiftung beschreitet, nur um Geld für die Terrorismusfinanzierung zu waschen.“

Einsicht ins Transparenzregister nur gegen Gebühr

Rechtsanwalt Berthold Theuffel-Werhahn von PwC.

Rechtsanwalt Berthold Theuffel-Werhahn.

Dem Register müssen Angaben zum Stifter, dem Stiftungsvorstand sowie den Begünstigten der Stiftung (der Entwurf spricht sehr technisch von „wirtschaftlich Berechtigten“) mitgeteilt werden. „Begünstigte können je nach Zweck beispielsweise eine Familie, eine Fördereinrichtung oder ein abstrakt zu bestimmender Personenkreis sein“, erläutert Theuffel-Werhahn.

Wird das Gesetz tatsächlich noch vor der Sommerpause verabschiedet, rechnet der Experte auch mit einer unmittelbaren Wirkung. „Ich glaube schon, dass das so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird“, sagt der Rechtsanwalt, der bundesweit bei der Stiftungserrichtung behilflich ist. Allerdings müsse das Register technisch erst noch eingerichtet werden, möglicherweise beim Bundesanzeiger. Gegen eine Gebühr kann – wie man es auch vom Handelsregister kennt – dort jedermann Einblick erhalten. Stiftungen, die ihrer Meldepflicht nicht nachkommen, drohen Bußgelder von bis zu einer Million Euro. Verantwortlich für die korrekte Datenübermittlung ist der Vorstand.

Wirklich mehr Transparenz?

Bei den nationalen Bemühungen um ein Stiftungsregister sieht Berthold Theuffel-Werhahn immerhin noch die Möglichkeit für eine Verbesserung der Rechtssicherheit für die Geschäftspartner von Stiftungen. Der Nutzen eines europäisch motivierten Transparenzregisters sei demgegenüber fraglich: Die eine Gruppe von Stiftungen habe aufgrund ihrer Finanzierung durch öffentliche Gelder oder Spenden ohnedies ein großes Eigeninteresse an hoher Transparenz. Die andere Gruppe haben Stiftungsaufsicht und Finanzverwaltung ebenfalls schon heute permanent im Blick.

Außerdem kann die Behörde auf Antrag eines Begünstigten die Einsichtnahme bei Vorliegen eines wichtigen Grundes sogar verwehren. „Ein solcher wichtiger Grund liegt zum Beispiel vor, wenn die Einsichtnahme den wirtschaftlich Berechtigten der Gefahr aussetzen würde, Opfer einer Straftat zu werden oder wenn der wirtschaftlich Berechtigte minderjährig oder geschäftsunfähig ist. Unter anderem deshalb glaube ich nicht, dass ein solches Register für mehr Transparenz sorgen wird“, resümiert er.

Aus der Forschung kommen vorsichtig optimistische Töne. Dr. Rupert Graf Strachwitz, Direktor des Maecenata Instituts, einer außeruniversitären Forschungseinrichtung, die sich seit 20 Jahren mit Rahmenbedingungen für Vereine und Stiftungen beschäftigt, hätten sich zwar mehr Auskunft zur Mittelherkunft und Mittelverwendung gewünscht. „Aber die Diskussion, die jetzt entstehen wird, macht die Verantwortlichkeit der Vereine und Stiftungen gegenüber der Allgemeinheit deutlich“, sagt er. „Eines ist schon jetzt klar: Wieder einmal kommt durch die EU ein Reformprozess in Gang, den Deutschland allein nicht geschafft hat.“

Zustimmung zum Entwurf kommt auch von Interessensvertretungen wie dem „Netzwerk Steuergerechtigkeit“, die vor allem den Transparenzzuwachs bei den Treuhandstiftungen begrüßen. Gewünscht hätten sie sich einen offenen Zugang zu den Daten. „Damit das volle Potential des Registers ausgeschöpft werden kann, sollte der Zugang kostenfrei möglich sein zumindest für jene, die das Register für das Aufdecken von Geldwäsche nutzen wollen“, heißt es auf dem Blog der Initiative.

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