Ob Hochwasser, die Bergung von Verletzten oder andere Hilfseinsätze rund um den Globus: Das Technische Hilfswerk ist für seine Arbeit bundesweit bekannt. Seit 2004 steht hinter den Helfern des THW auch eine Stiftung – bislang eher im Hintergrund. Sie soll die Helfer der Bundesorganisation zusätzlich zur Finanzierung durch den Bund unterstützen und für deren ehrenamtliches Engagement werben.

Bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen waren sie wieder zu sehen: die charakteristischen blauen Fahrzeuge und Maschinen des THW, die das Bild bei Hilfseinsätzen in der Öffentlichkeit mitprägen. Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, so der volle Name, ist ein Jahr jünger als die Bundesrepublik. 1953, drei Jahre nach der Gründung, wurde sie zur nichtrechtsfähigen Bundesanstalt des öffentlichen Rechts unter der Ägide des Bundesinnenministeriums. Die staatliche Einrichtung verbindet hoheitliche Aufgaben mit dem Ehrenamt, auf dem sie wesentlich basiert: 80.000 ehrenamtliche Mitglieder sind in Landesverbänden, Regionalstellen und Ortsverbänden sowie THW-Helfervereinigungen organisiert. Auch der Verein THW-Jugend gehört zur Struktur. Ziel der Organisation ist es, ein Sicherheitsnetz „über ganz Deutschland“ zu spannen. Der Bedarf ist da, die Arbeit nicht weniger geworden. „Wir waren in den vergangenen Jahren in mehr als 100 Ländern im Einsatz. 2021 wird, bedingt durch bereits bis heute geleistete über 1,5 Millionen Einsatzstunden allein zur Bewältigung der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, voraussichtlich nach 2002 das Jahr mit den meisten Einsatzstunden des THW seit Bestehen“, sagt Stephan Mayer, CSU-Bundestagsabgeordneter, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium – und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Technisches Hilfswerk.

Schnellboot auf Innovationskurs

Die Stiftung Technisches Hilfswerk fördert etwa die Ausstattung der Helfer mit Drohnen. Foto: THW/Sebastian Hohmann

Seit 2004 fördert die THW-Stiftung die Arbeit der unterschiedlichen Organisationseinheiten – sei es durch die Ausbildung in der Katastrophenprävention, Nachwuchsförderung oder die Ausstattung mit innovativen Technologien. Neben Stephan Mayer gehören dem Vorstand Albrecht Broemme, Ehrenpräsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, und Dennis Fröhlen an, hauptberuflich geschäftsführender Gesellschafter von Schomerus Consulting. Ein Kuratorium berät, unterstützt und überwacht die Vorstandsarbeit. Der Zeitpunkt der Gründung war kein Zufall: Die Stiftung entstand unter dem Eindruck der Überflutungen an Elbe und Oder, in deren Folge sich eine große Spendenbereitschaft für das THW zeigte. Die Stiftung kanalisiert diese Spenden. Das Stiftungskapital von aktuell rund 3,1 Millionen Euro stammt ausschließlich aus Zustiftungen. Mit dem Geld unterstützt die Stiftung die Arbeit der Ehrenamtlichen – auch auf dem kurzen Dienstweg.

Die Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Berlin soll ein flexibles Instrument in der THW-Struktur sein. „Wir sind eine Stiftung mit einer sehr kleinen, aber sehr effektiven und schlagkräftigen Organisation“, sagt Mayer. „Ziel und Zweck der THW-Stiftung ist es, die Helferinnen und Helfer bei ihrer Arbeit zu unterstützen.“ Wie Mayer nutzt auch Vorstandsmitglied Fröhlen das Bild des Schnellboots. „Wir können schnell Projekte realisieren, weil wir nicht dem Bundeshaushaltsgesetz unterliegen. Damit bietet die Stiftung die Möglichkeit, Grenzen des bisher Denkbaren und Machbaren zu verschieben und Neues zu wagen – ohne die traditionellen Strukturen zu durchbrechen.“ Das betrifft etwa den Bereich Technik. „Wir fühlen uns als Technologie- und Innovationstreiber im ohnehin technikaffinen THW“, sagt Mayer. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz von ferngesteuerten Drohnen bei Rettungsmissionen. „Wir hatten eine große Spende erhalten und kauften davon rund drei Dutzend Drohnen, die von den Ehrenamtlichen getestet wurden“, sagt Cornelia Lawrenz, die seit 2017 Geschäftsführerin und damit einzige hauptamtliche Mitarbeiterin der Stiftung ist. Was sich im Probelauf bewährt, kann seinen Weg in den Haushalt finden, um in der Breite des THW zu wirken. Impulse kommen dabei häufig von den aktiven Ehrenamtlern selbst. „Wir sind auch eine Spielwiese für innovative Ideen der Ehrenamtlichen“, sagt Lawrenz.

Technologische Weiterentwicklung allgemein und besonders Digitalisierung sind ein wichtiges Thema. Unterstützergelder haben etwa die Ausstattung mit Tablets ermöglicht, die die Vernetzung der THW-Einheiten untereinander verstärken sollen. „Mit Tablets und entsprechender Software lassen sich THW-weit in Echtzeit Informationen abfragen, etwa, wo das nächste System zur Ortung Verschütteter ist oder sich bei Hochwasserlagen bereits befüllte Sandsäcke befinden“, sagt Lawrenz. „Wir können mit wenigen Auflagen prüfen, wie sich diese Technik auswirkt, wenn sie dann in die THW-Systeme übernommen wird“, ergänzt Fröhlen.

Gute Taten, gute Reputation

Das THW zählt deutschlandweit rund 80.000 ehrenamtliche Mitglieder. Foto: THW/Michael Matthes

Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit bleiben für die Arbeit der Stiftung weiterhin wichtig. „Unser Grundsatz lautet: Tue Gutes und rede darüber“, sagt Mayer. „Die Bürgerinnen und Bürger wissen, was sie am THW haben. Es geht darum, mit Reputation und Leistung der Helfer zu werben.“ Das THW sei staatlicherseits finanziell gut versorgt, sagt Fröhlen. „Aber wir wollen die Arbeit der Ehrenamtlichen weiter unterstützen. Wir kommunizieren dabei als Stiftung etwas emotionaler, übersetzen die technische Darstellung für die breite Öffentlichkeit.“ Was das heißt, zeigt etwa ein Blick auf die Internetauftritte von Bundesorganisation, Helfervereinigung und Stiftung. Während ersterer der Nüchternheit entspricht, die man mit amtlichem Vokabular wie „Gerätekraftwagen“ assoziieren mag, inszeniert die Stiftung die Arbeit der Helfer in starken Bildern – und rückt Unterstützungsmöglichkeiten in den Blick. Auch Nachwuchsförderung und -gewinnung beschäftigen die Stiftung in einem demographisch schwieriger werdenden Umfeld.

Nachwuchssorgen habe das THW zwar nicht, sagt Mayer. „Die allermeisten Ortsverbände leisten großartige Jugendarbeit. Aber natürlich hat die Jugend heute so vielfältige Möglichkeiten, ihre Freizeit zu verbringen, wie noch keine zuvor.“ Die Attraktivität stehe und falle mit Jugendleitern und Betreuern. „Das ist aus meiner Sicht mit die wichtigste Position, die es zu besetzen gibt. Es braucht Menschen, die in der Lage sind, junge Menschen anzusprechen, zu binden. Der beste Werbeträger ist der zufriedene Helfer.“

Wachsende Bedeutung

Insgesamt werde die Rolle der Stiftung Technisches Hilfswerk wichtiger, sind Fröhlen und Lawrenz sich sicher. „Früher erreichten uns meist eher kleine Anträge aus dem großen Pool unserer Ehrenamtlichen“, sagt Lawrenz: „Etwa die ökologische Umgestaltung von Gelände.“ Inzwischen sei die Stiftung innerhalb der THW-Struktur bekannter, und es gehe nicht nur um technologische Innovationen, sondern auch um Aspekte wie Frauenförderung und die Ausschreibung und Verleihung von Preisen. Das ist umso wichtiger angesichts der Komplexität der Strukturen: 668 Ortsverbände, 66 Regionalstellen, acht Landesverbände fächern sich unter der THW-Leitung auf. Die Stiftung befinde sich in einer stark prosperierenden Wachstumsphase, sagt Mayer. „Wir hatten uns schon vor der jüngsten Hochwasserkatastrophe klar das Ziel gesetzt, das Volumen der Spendeneinnahmen und Zustiftungen zu erhöhen.“ Auch die aktuelle Lage habe den Zuspruch gezeigt. „Ich bin überwältigt, wie großartig die Spendenbereitschaft ist. Das stimmt mich hoffnungsvoll.“

Aktuelle Beiträge