Unternehmertum weltweit fördern und dadurch einen Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit leisten: Das ist das Ziel von Enpact. Der Verein unterstützt Jungunternehmer – und könnte eines Tages vielleicht dem Stiftungssektor angehören.

Entwicklungszusammenarbeit hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert – und auch die Diskussion darüber, welcher Ansatz der einst Entwicklungshilfe genannten Diszi­plin welche Wirkung erzielt. Der Verein Enpact mit Sitz in Berlin verfolgt seit seiner Gründung 2013 eine klare Stoßrichtung: Der Verein setzt auf die Förderung von Unternehmertum. „Wir arbeiten mit Unternehmern und Unterstützungsorganisationen in allen Entwicklungsphasen zusammen“, sagt Matthias Treutwein, der Enpact mit Sebastian Rubatscher ins Leben gerufen hat.

„Wir wollen ein erfolgreiches Mentorenverhältnis initiieren – und es idealerweise mit den erfolgreich in Deutschland umgesetzten Gründerstipendien ergänzen.“
Matthias Treutwein, Mitgründer von Enpact

Die beiden Gründer lernten sich 2011 bei einem Projekt des Auswärtigen Amts für Jungunternehmer in Ägypten und Tunesien kennen. „Anfang der 2010er Jahre herrschte mit dem Arabischen Frühling Aufbruchstimmung“, erinnert sich Treutwein. „Diese Bewegung hat uns damals motiviert etwas zu tun, auch wenn sich die Lage in vielen der Länder seither wieder verschlechtert hat.“

Neuland Mentoring

Matthias Treutwein ist Mitgründer von Enpact. Foto: Enpact

Das Projekt war zugleich der Startschuss für Enpact: Als es 2013 auslief, sahen beide den Bedarf, Unternehmertum im Ausland zu unterstützen. „Entrepreneurship und Mentoring waren damals noch nicht so angesagt wie heute“, erinnert sich Treutwein. Die Rechtsform Verein war das Vehikel, um sicherzustellen, dass Fördergelder auch künftig die Projekte tragen. Das Kofferwort Enpact vereint „Entrepreneur“ und „Impact“. Der promovierte Politologe Rubatscher brachte Kontakte aus der Politik mit, Treutwein, studierter Linguist und Ökonom, seinen Hintergrund zu interkulturellem Austausch, Wirtschaft und Management.

Der Plan ist aufgegangen. Begonnen haben die beiden mit dem Aufbau von Mentoring-Programmen in Ost- und Westafrika, später folgten Austauschformate in Europa und Asien. Enpact hat außerdem ein Netzwerk aufgebaut, das (jung-)unternehmerische Ökosysteme in Europa, Asien und Afrika zusammenbringt. Im Jahr 2019 erweiterte Enpact seine Arbeit auf Lateinamerika und startete 2020 ein Krisenhilfe- und Wiederherstellungsprogramm für Gründer, die von den Folgen der Covid-19-Pandemie betroffen waren. Das erste Förderprogramm in Osteuropa nahm im Jahr 2022 seinen Anfang. Kurz nach Beginn des Ukrainekriegs rief der Verein ein Stipendium für junge Molda­wierinnen ins Leben, die auf Monatsbasis eine finanzielle Unterstützung und Schulungen erhalten. Auch ukrainische Flüchtlinge kommen für das Stipendium in Frage.

Enpact ist inzwischen auf über 40 festangestellte Teammitglieder angewachsen und in zehn Ländern aktiv. Mehr als 6,8 Millionen Euro bislang erhielten nach eigenen Angaben Jungunternehmer in Form von direkter Zahlung, etwa 3.200 Firmen wurden insgesamt unterstützt, mehr als 1.100 Mentoren und Experten engagieren sich.

Vertrauen und Gestaltungsdrang

Aus Treutweins Sicht schlägt Enpact durch den unternehmerischen Ansatz einen anderen Weg als die klassische Entwicklungszusammenarbeit ein – und das ganz bewusst: Man unterstütze gezielt junge Menschen, die Veränderungen in ihren Herkunftsländern bewirken wollen, glaube an horizontales Lernen und Wissensaustausch: „Wir wollen ein erfolgreiches Mentorenverhältnis initiieren – und es idealerweise mit den erfolgreich in Deutschland umgesetzten Gründerstipendien ergänzen“, sagt Treutwein.

In Deutschland sei der Begriff „Unternehmertum“ mitunter zwar negativ konnotiert, bedauert er, doch verantwortungsbewusstes Unternehmertum könne etwas sehr Schönes, vor allem Wirksames, sein. „Indem wir diejenigen direkt unterstützen, die bereit sind, persönliche Risiken einzugehen, und bereits die Ärmel hochgekrempelt haben – Gründer und Geschäftsinhaber –, befähigen wir genau diese Menschen, die dringend benötigten Arbeitsplätze zu schaffen.“ Diese Perspektive ist auch ein Gegenmodell zu einem allzu bekannten Narrativ. „Ansonsten hört man gerade aus Afrika eher negative Geschichten zu Themen wie Kinderarbeit und Rohstoffplünderung. Dabei gibt es viele junge Menschen, die ihr eigenes Schicksal in die Hände nehmen und in ihrem Heimatland einen Unterschied machen wollen.“

Entstehung, Krise, Internationalisierung

Alle Projekte von Enpact basierten auf dem gegenseitigen Wissensaustausch, der Verbindung von Ressourcen über Ökosysteme hinweg sowie dem Aufbau globaler Gemeinschaften, die unternehmerische Aktivitäten unterstützen, betont Treutwein. Partner sollen schnellstmöglich das erhalten, was sie am dringendsten brauchen. Die Arbeit von Enpact verteilt sich dabei auf drei Geschäftsbereiche. In der Früh- und Entstehungsphase einer Firma fördert der Verein diese durch Mentoring, finanzielle Unterstützung und den Aufbau von Kapazitäten über einen Zeitraum von neun bis zwölf Monaten. „Unser Ansatz kombiniert Geldzuschüsse mit Maßnahmen zur Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Kenntnisse und des Zugangs zu lokalen und internationalen Netzwerken mit privaten und öffentlichen Akteuren.“

„In der klassischen Entwicklungszusammenarbeit findet leider zu oft ein kolonialistisches Denken des weißen Erlösers statt.“
Matthias Treutwein

Doch nicht alles läuft nach Plan – diesem Umstand trägt der zweite Bereich, Krisenhilfe und Resilienz, Rechnung. „Hier bieten wir Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten schnelle finanzielle Direkthilfe, Resilienzschulungen und Mentoring, um ihren Betrieb aufrechtzuerhalten.“ Steht die Basis, greift der dritte Aspekt in Form des langfristigen Ziels Wachstum und Internationalisierung: „Wir erleichtern Unternehmen den Marktzugang“, erklärt Treutwein.

Im Vernetzungsaspekt und der Selbstermächtigung künftiger Unternehmer liegt für Treutwein ein besonderer Hebel: „Es macht unsere Strategie aus, eben keine riesigen Darlehen für Infrastrukturprojekte zur Verfügung zu stellen, sondern auf die Kreativität und den Schaffensdrang der Leute vor Ort zu setzen.“ Ein Vorgehen, das nicht überall auf Gehör und offene Türen stoße. „In der klassischen Entwicklungszusammenarbeit findet leider zu oft ein kolonialistisches Denken des weißen Erlösers statt. Das möchten wir anders machen, indem wir gezielt junge Menschen fördern, die etwas in ihren Herkunftsländern bewegen wollen und können“, sagt Treutwein.

Fernab der Kontroversen

Internationale Teams aus Indonesien und Ruanda kommen in Berlin mit ihren Coaches und Mentoren zusammen. Foto: Enpact

Ein großer Vorteil der Förderung von jungem Unternehmertum im Ausland besteht aus Sicht Treutweins darin, dass Konflikte seltener auftreten als in anderen, politisch sensibleren Bereichen. „Wir hatten mit dem jeweiligen Establishment noch nie Probleme – das kann bei Themen wie Demokratieförderung, Schutz von Menschenrechten oder anderen Zielen, die NGOs im Ausland vertreten, schnell deutlich schwieriger werden.“

Für Geschäftsführer Treutwein ist das Ziel, das Enpact langfristig verfolgt, klar. Er möchte die Arbeit, wie der Berliner Verein sie leistet, skalieren: „Wenn unser Ansatz der Entwicklungszusammenarbeit in Deutschland, aber auch international stärker genutzt würde, dann wäre schon viel gewonnen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, ist Enpact weiterhin auf die Finanzierung durch die Budgets verschiedener Bundesministerien, der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), aber auch aus nationalen und internationalen Partnerorganisationen angewiesen.

Zu weiteren Geldgebern zählen unter anderem der Europäische Entwicklungsfonds, die Drosos-­Stiftung, die Siemens-Stiftung, die BMW Foundation Herbert Quandt sowie das Land Berlin. Doch irgendwann soll der Verein auch über eigene Gelder verfügen – und dafür auch die Rechtsform noch einmal anpassen. „Die Errichtung einer Stiftung könnte ein Weg sein“, sagt Treutwein. Aus seiner Sicht braucht es dafür eine stabile Organisation, schwierige Situationen dürfe man dabei nicht außen vor lassen. „Basti und ich haben uns schon oft und viel gestritten“, sagt Treutwein über seinen Gründungspartner Rubatscher. „Aber Meinungsverschiedenheiten bedeuten auch immer einen konstruktiven Austausch und waren entscheidend für das, was wir bislang mit dem Verein erreicht haben.“

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