2008 durch die Siemens AG gegründet, arbeitet die Siemens-Stiftung heute mit rund 200 Partnern weltweit zusammen. Drei Arbeitsbereiche prägen bislang die Projekte. Nun hat die Münchener Stiftung einen Strategieprozess abgeschlossen und will künftig ihre Arbeit auf drei neue Themenfelder ausrichten.

Die seit Gründung bestehenden Arbeitsbereiche „Bildung“, „Sozialunternehmertum“ sowie „Kunst und Kultur“ treffen auf die neuen Themenfelder „Gesicherte Grundversorgung“, „vernetzte Gesellschaften“ sowie „Klima und Nachhaltigkeit“: Auf sie wird die Siemens-Stiftung ihre Arbeit künftig ausrichten. Die neue Struktur ist ein Versuch der Anpassung an eine Welt im Wandel auf vielen Ebenen. Ob Klimawandel, Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Coronapandemie oder Krieg in Europa: „Wir waren selten von so vielen Disruptionen umgeben wie heute. Damit wir auf diese globalen gesellschaftlichen Herausforderungen bestmöglich reagieren können, müssen wir unsere Aktivitäten immer wieder kritisch hinterfragen“, so Nina Smidt, geschäftsführende Vorständin und Sprecherin des Vorstands der Siemens-­Stiftung.

Nina Smidt ist geschäftsführende Vorständin und Sprecherin des Vorstands der Siemens-Stiftung. Konrad Fersterer/Siemens-Stiftung

„Mit dem gesamten Stiftungsteam haben wir uns angesehen, in welchen Arbeitsbereichen wir mit unseren Kompetenzen aus Bildung, Sozialunternehmertum und Kunst und Kultur sowie unseren finanziellen Ressourcen derzeit die wirksamsten Impulse für nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung geben können. Und wo Synergien im Team und in unserem Netzwerk entstehen können.“ Entsprechend seien die neu definierten Themenfelder keine neue Setzung, sondern abgeleitet von der Ex­pertise der Arbeitsbereiche und dem Partnernetzwerk.

Auch sollen die neuen Themenfelder nach innen und außen wirken und so das Verständnis für die Arbeit der operativen Stiftung verbessern und eine Antwort auf die grundlegende Frage geben, wofür die Stiftung als Ganzes stehe: „für nachhaltige Entwicklung in diesen drei Themenfeldern“ – entsprechend dem Leitprinzip „Gemeinsam für nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung“.

Gerade externe Partner hätten die Ausrichtung positiv aufgenommen. „Bislang kamen die Kooperationspartner meistens nur mit einem Arbeitsbereich der Stiftung in Kontakt“, so Smidt. „Das hat dazu geführt, dass zwar die entsprechenden Projekte bekannt waren, die Stiftung häufig aber nur aus den einzelnen Fachbereichen heraus wahrgenommen wurde. Es war wichtig für uns, der Stiftung eine gemeinsame Identität, einen gemeinsamen Rahmen zu geben. Zusammenarbeiten, sich aneinander reiben, Netzwerke teilen und durch Synergien noch relevanter werden – das ist etwas, das viele Stiftungen in den letzten Jahren stark angetrieben hat.“

Die Themenfelder sind aus dem Know-how der Arbeitsbereiche heraus erarbeitet worden, doch für die Recherche hat sich die Siemens-Stiftung mitunter externe Expertise eingeholt. „Wir haben uns bewusst dazu entschieden nicht durchgängig für den gesamten Prozess eine/n beratende/n Partner*in zu haben.“ Der Schwerpunkt habe auf der internen Erarbeitung und der Unterstützung durch die eigenen Netzwerkpartner gelegen.

Abwägung und Ausgestaltung

Über die Ausgestaltung der Themenfelder sei viel diskutiert und reflektiert worden. „Wir haben uns zum Beispiel damit auseinandergesetzt, ob wir ‚Vernetzte Gesellschaften‘ stärker unter den Aspekten Digitalisierung und Digitalität, die Verbindung von Mensch und Technik, begreifen sollten“, sagt Smidt. So arbeitet die Stiftung seit vielen Jahren über digitale Lehr- und Lernplattformen, die Materialien kosten- und lizenzfrei als Open Educational Resources bereitstellen. „Wir haben gemeinsam festgestellt, dass es nicht nur um den digitalen Aspekt geht, sondern darum, digitale und analoge Welten sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Dabei stehen vor allem Räume für gegenseitiges Lernen und Wissens­transfer, Chancengerechtigkeit und soziale Teilhabe im Mittelpunkt.“ Smidt spricht von einer „Kultur der Digitalität“ und einem Ansatz, der neben den Chancen auch auf problematische Aspekte verweisen kann: „Wenn wir mit digitalen Lehrinhalten für Schulen arbeiten, kann das gut funktionieren“, sagt sie. „Aber was ist mit Ländern, wo es häufig Schulen gibt, in denen kein einziger Internetzugang vorhanden ist? Was bedeutet es, wenn gar ganze Regionen von einem solchen Zugang abgeschnitten sind? Dann kann die Digitalisierung auch eine weitere Spaltung bedeuten – für diejenigen, die Zugang haben, und für diejenigen, für die keine Teilhabe möglich ist.“

„Unsere Welt verändert sich rasant, so dass auch wir uns als Stiftung weiter verändern werden.“
Nina Smidt, geschäftsführende Vorständin Siemens-Stiftung

Auch die Wirkungsmessung habe die Stiftung an die neue Konstellation angepasst und einen „Meal-­Prozess“ (Monitoring, Evaluation, Accountability and Learning) eingeführt. „Wir sind so in der Lage, zu analysieren, was wir als Input gegeben haben, welche Aktivitäten stattgefunden haben und was der Langzeit-Impact ist. Das ist immer die schwierigste Frage, gerade wenn es um systemische Veränderungen geht“, sagt Smidt.

Und ja, natürlich werde es immer wieder Überraschungen und unvorhersehbare Entwicklungen geben. „Unsere Welt verändert sich rasant, so dass auch wir uns als Stiftung weiter verändern werden. Als Stiftung geben und bekommen wir Impulse. Unsere Arbeit bleibt dadurch in Bewegung. Mit den neuen Themenfeldern haben wir einen Horizont, mit dem wir wachsen können. Es ist ein Rahmen, kein starres Gerüst.“

Aktuelle Beiträge