Nach dem Stopp von Nord Stream 2 hat die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV die Zusammenarbeit mit der Trägergesellschaft beendet. Der Stiftung war seit Gründung vorgeworfen worden, vor allem dem Schutz gegen US-Sanktionen gegen das umstrittene Pipeline-Projekt zu dienen.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat den Vorstand der Klima- und Umweltstiftung MV gebeten, „die Arbeit der Stiftung ruhen zu lassen und im Rahmen der engen rechtlichen Möglichkeiten eine Auflösung der Stiftung auf den Weg zu bringen“. Damit reagiert Schwesig auf den Stopp von Nord Stream 2 durch die Bundesregierung im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte vergangene Woche erklärt, das Genehmigungsverfahren vorerst zu stoppen. Unmittelbar nach der Entscheidung der Bundesregierung hatte die Stiftung angekündigt, die Arbeit ruhen zu lassen. Nun folgte der endgültige Schritt.

„Zusammenarbeit endgültig beendet“

Die Klima- und Umweltstiftung solidarisiert sich auf Ihrer Website mit der Ukraine und erklärt, „der Stiftungsvorstand und alle Mitarbeitende der Stiftung distanzieren sich von diesem kriegerischen Treiben und haben jegliche Zusammenarbeit, Unterstützung und Kontakte zur Nord Stream 2 AG endgültig beendet“. Schwesig gab bekannt, dass man prüfe, ob es rechtlich möglich sei, „die von Nordstream zur Verfügung gestellten Stiftungsgelder für humanitäre Zwecke einzusetzen“. Zugleich verteidigte die SPD-Politikerin die Stiftungsgründung durch das Land im Januar 2021. „Die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV ist mit breiter Mehrheit ohne Gegenstimmen von SPD, CDU und Die LINKE im Landtag MV eingesetzt worden.“ Zudem habe die Stiftung „in ehrenamtlicher Arbeit mit Projektpartnern wichtige Projekte für den Klimaschutz auf den Weg gebracht“.

„Die Stiftung meldet mit einem gewissen Stolz: Auftrag erfüllt. Nord Stream 2 ist lieferbereit.“ Vorstand Erwin Sellering Mitte Januar 2022 in einer Bilanz zu einem Jahr Klima- und Umweltstiftung

Kritik von Anfang an

Die Stiftung unter der Leitung von Schwesigs Amtsvorgänger Erwin Sellering stand seit Gründung auf breiter Front in der Kritik. Neben gemeinnützigen Zwecken aus dem namengebenden Bereich, enthält die Satzung explizite Möglichkeiten, die inzwischen fertiggestellte Pipeline Nord Stream 2 zu unterstützen.

  • Die Stiftung kann zur Erfüllung des Stiftungszwecks, insbesondere auch zur Vermögensverwaltung und Vermögensmehrung, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb errichten und unterhalten sowie Tochtergesellschaften in der Rechtsform von Personen- oder Kapitalgesellschaftern gründen, erwerben, sich daran beteiligen oder beauftragen. Die Stiftung wird insbesondere einen an Leistungs,- Effizienz- und Wirtschaftlichkeitskriterien ausgerichteten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, gegebenenfalls auch in Form der Gründung einer oder mehrerer rechtlich selbständiger Gesellschaften, errichten und sich damit vorrangig an der Vollendung von Nord Stream 2 beteiligen.
  • Voraussetzung für eine solche Beteiligung ist, dass Nord Stream 2 im Rahmen der zu schließenden Verträge die Stiftung für fahrlässiges Handeln freistellt. Die Stiftung kann im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes insbesondere Natur- bzw. Umweltschutzmaßnahmen und -projekte, die der Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen, welche natürlichen oder juristischen Personen wegen Eingriffen in die Natur im Rahmen ihrer Tätigkeit aufgegeben werden, übernehmen. Sie kann im Rahmen ihres wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes insbesondere auch Grundstücke und Flächen erwerben, übernehmen oder verwalten, pachten und verpachten, mieten und vermieten, Werkzeuge und Maschinen erwerben, übernehmen, verwalten, halten, zur Verfügung stellen und vermieten. Erträge der oder des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes und möglicher Tochtergesellschaften dienen der Förderung der in den Abs. 1 und 2 genannten Ziele und Zwecke.

Hintergrund sind angedrohte US-Sanktionen gegen Unternehmen, die den Pipeline-Bau unterstützen. Die Stiftung hatte die Möglichkeit, anstelle der Unternehmen etwa Material einzukaufen. Vor diesem Hintergrund bezeichneten unter anderem WWF und Nabu Konstrukt als „Mogelstiftung“: Sie diene nicht dem Klimaschutz, sondern ermögliche weiterhin die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Auch in strategischer Hinsicht erntete Nord Stream 2 Widerspruch. Die parallel verlaufende Pipeline zu Nord Stream 2 durch die Nordsee diene der Umgehung der Ukraine beim Gastransport nach Deutschland. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Nord Stream 2 als wirtschaftliches Projekt verteidigt und sich zugleich für die vorzeitige Verlängerung der Transitverträge durch die Ukraine ausgesprochen. Der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyi nannte die Pipeline bei einem Besuch Merkels in Kyiv im August 2021 „eine gefährliche geopolitische Waffe des Kreml“.

Auflösung möglich?

Die Ankündigung Schwesigs, eine Auflösung der Stiftung zu prüfen, wirft rechtliche Fragen auf. Das Land Mecklenburg-Vorpommern stattete die Stiftung mit 200.000 Euro aus, 20 Millionen sagte die Gazprom-Tochter Nord Stream 2 AG zu. Die gemeinnützigen Stiftungszwecke stehen in keiner direkten Verbindung zum Engagement für Nord Stream 2. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist als Kann-Bestimmung formuliert. Damit erscheint fraglich, ob sein Wegfall eine Auflösung rechtfertigt.

Vorstandschef Erwin Sellering hat den Auflösungsforderungen widersprochen. Zwar werde der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb so schnell wie möglich abgewickelt, eine Auflösung sei allerdings ebenso unmöglich, wie die Verwendung des von der Nord Stream 2 beigesteuerten Stiftungsvermögens für einen anderen Zweck.

 

 

 

 

 

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