Wie können Stiftungen ihr Kapital anlegen, damit es möglichst sicher und ertragreich die operative Arbeit ermöglicht – und welche rechtlichen Vorgaben gibt es? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des jüngsten Gesprächskreises Stiftungsfonds von DIE STIFTUNG in Essen.

Es gilt für Stiftungen wie für andere Anleger auch: Bevor es an die Auswahl von konkreten Anlageprodukten geht, sollten die Rahmenbedingungen klar sein. Rechtsanwalt Constantin Meraneos vom Deutschen Stiftungszentrum führte in die juristische Situation ein und zeigte, dass es nur wenige rechtliche Vorgaben zur Anlage des Stiftungsvermögens gibt. Weder das Bürgerliche Gesetzbuch noch die Landesstiftungsgesetze noch das Steuerrecht schreiben Anlageformen vor oder enthalten sonstige engere Einschränkungen. Es besteht also Spielraum für die Kapitalanlage.

Widersprüchliche Urteile

Constantin Meraneos vom Deutschen Stiftungszentrum führt in die rechtlichen Rahmenbedingungen ein.

Daran ändern kuriose wie obsolete Gerichtsentscheidungen nichts, etwa dass in einem Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg von mündelsicherer Anlage die Rede ist sowie „enge Grenzen bei der Entscheidung, das Stiftungskapital auf dem freien Markt anzulegen“ angedeutet werden oder das Finanzgericht München 2015 entschied, dass der Verkauf eines Grundstücks der satzungsgemäßen Geschäftsführung widerspreche, da hierdurch regelmäßige Mieteinkünfte verloren gehen würden.

Vielmehr empfehle es sich, sich an der Business Judgement Rule zu orientieren, so Meraneos. „Der Vorstand kann grundsätzlich in jede Anlageform investieren, die ex ante eine sinnvolle Risiko-Renditestruktur des Gesamtportfolios erwarten lässt, die kein ‚übergroßes‘ Risiko darstellt und die nicht ‚rein spekulativ‘ ist.“ Um sich abzusichern, sollten Entscheider allerdings alle Abwägungen und Bewertungen, die sie im Verlauf treffen, dokumentieren. Dokumentation ist im Konfliktfall von großer Bedeutung: Denn der Vorstand schulde der Stiftung immer eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung, allerdings keinen konkreten Anlageerfolg. „Sie haften nicht für Pech“, so Meraneos.

Kosten im Blick

Eine weitere Grundlage für die von Vorständen geforderte pflichtgemäße Ermessensentscheidung legte Klaus-Dieter Erdmann vom Analysehause Asset Standard. Sein Einblick in die Welt der Stiftungsfonds zeigte die praktische Seite der rechtlichen Überlegungen: Die Bandbreite an Angeboten, die sich an Stiftungen wenden, reichen vom Fonds mit deutlichem Anleihenschwerpunkt bis zum reinen Aktienprodukt. „Woher soll auch sonst die Rendite kommen?“, so Erdmann mit Blick auf die Notwendigkeit von Unternehmensanteilen in der Niedrigzinsphase.

Kein Verständnis für hohe Kosten: Klaus-Dieter Erdmann stellt das Konzept Stiftungsfonds vor.

Bei der Kostenfrage zieht Erdmann klare Grenzen: Bis zu etwa einem Prozent Gesamtkostenquote sind aus seiner Sicht im Rahmen – ein Zusammenhang zwischen Kosten und Performance ließe sich aus bestehenden Daten nicht ableiten. Beim Ausgabeaufschlag rät Erdmann von Kompromissen ab: Es sei nicht zeitgemäß, Geld dafür zu bezahlen, damit ein Verwalter das Vermögen – wiederum gegen Gebühr – betreut. Der Kostenfaktor, das zeigt Erdmann deutlich, ist eines der Argumente für das Konzept der Stiftungsfonds: Die Gesamtpakete erlauben Vermögensverwaltung ohne Mindestsummen, die Buchung von Einzeltransaktionen entfällt, und aus der Börsennotierung ergibt sich eine hohe Transparenz. Die von Asset Standard als defensiv eingeordneten Stiftungsfonds schütteten 2018 im Durchschnitt 2,01 Prozent aus, im Jahr zuvor 2,26 Prozent.

Fonds und Vielfalt

Wie unterschiedlich die Ansätze sind, um die notwendigen Erträge zur Erfüllung des Stiftungszwecks zu generieren, zeigten die vier Fondsvertreter in ihren Präsentationen. Die Zusammensetzung vermittelt einen Eindruck davon, wie individuell die Auswahl geeigneter Produkte ist: Anleger täten sich schwer mit größeren Schwankungen, berichtet Bastian Bosse von der BRW Finanz AG. Entsprechend schwierig kann der Stand reiner Aktienprodukte sein, wenn die Märkte korrigieren. Und so wird der auf globale Unternehmensanteile konzentrierte BRW Finanz Balanced Return Plus nicht nur sehr aktiv gemanagt, sondern sichert seine Positionen auch über Derivate ab.

Konservativer präsentiert sich der von Jörg Willig vorgestellte Stiftungsfonds I der National-Bank, der vor allem auf Anleihen – zum Teil inflationsindexiert – setzt, aber auch Zertifikate einsetzt und Aktien beimischt. Ziel ist eine möglichst geringe Volatilität, basierend auf einer regelgestützten Titelselektion. Stefan Keil von Nordlux betont die langfristige Perspektive, die Stiftungen nutzen sollten. Der Mischfonds Stiftungspartner A basiert ebenfalls auf Anleihen und kann eine Aktienquote von bis zu 30 Prozent aufweisen. Einen ganz anderen Ansatz verfolgt der KCD Mikrofinanzfonds der Bank im Bistum Essen. Er investiert nicht in Wertpapiere, sondern leiht Geld an Mikrofinanzinstitute, die wiederum ihren Kunden Investitionen ermöglichen. Thomas Homm sieht in dem Produkt eine Beimischung, die es erlaubt, bereits mit der Geldanlage zu wirken.

Austausch in den Pausen

So individuell die Strategien ausfallen, so angepasst sollten auch Nachhaltigkeitskriterien sein. Während aus dem Publikum Zweifel angemeldet werden, ob für Stiftungen sinnvoll oder überhaupt realistisch ist, Unternehmen mit verlässlicher Rendite auszuschließen, ist das Thema für die Fondsvertreter kein bloßes Lippenbekenntnis – ihre Berücksichtigung sollte sich allerdings den jeweiligen Bedürfnissen und Wertvorstellungen anpassen.

Präsentationen zum Gesprächskreis finden Sie hier:

Nächster Gesprächskreis Stiftungsfonds in Frankfurt am Main

Der nächste Gesprächskreis Stiftungsfonds wird am 12. November 2019 in Frankfurt am Main stattfinden. Mehr Informationen gibt es unter: www.die-stiftung.de/event/gespraechskreis-stiftungsfonds-frankfurt-2/

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