Stiftungen stehen mitunter in dem zweifelhaften Ruf, der Steuervermeidung zu dienen. Aber ist dieser Ruf gerechtfertigt? Und wie unterscheidet sich das Gestaltungspotential von gemein- und privatnützigen Stiftungen?

Häufig sind Stiftungen mit dem Vorwurf kon­frontiert, bloße Vehikel zur Steuervermei­dung zu sein – oder diese zu kaschieren. Ist es aber überhaupt möglich, durch eine Stiftungs­konstruktion auf das eigene Vermögen weniger Steuern zu zahlen?

Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, zwischen gemein- und privatnützig zu unterschei­den. Laut dem Bundesverband deutscher Stiftun­gen sind 92 Prozent der rechtsfähigen Stiftungen ausschließlich dem Gemeinwohl verpflichtet. Die verbleibenden acht Prozent sind privatnützige Stif­tungen, also Stiftungen, die nicht der Allgemeinheit, sondern dem Interesse eines geschlossenen Perso­nenkreises, meist einer Familie, dienen. Steuerbe­günstigt sind alleine die gemeinnützigen Stiftungen.

Nur scheinbar gemeinnützig?

Für gemeinnützige Stiftungen sieht das Stiftungs­recht einen Steuererlass unter Auflagen vor: Die Stiftungen sind steuerbefreit, dafür wachen Finanz­amt und Stiftungsaufsicht darüber, dass das Grund­stockkapital erhalten bleibt und die Erträge aus­schließlich den in der Satzung genannten gemein­nützigen Zwecken zugutekommen.

Trotz der hehren gemeinnützigen Zwecke gibt es immer wieder Versuche, gemeinnützige Stiftun­gen zur Steuervermeidung einzusetzen und somit zum persönlichen Vorteil zu nutzen. So zum Bei­spiel in einem Fall aus dem Jahr 2021, in dem ein Ehepaar einer selbst errichteten Stiftung Gemälde übertrug und diese einkommensmindernd geltend machen wollte. Der Bundesfinanzhof entschied je­doch, dass die Stiftung dem Ehepaar zu nahe stehe und ein Spendenabzug somit nicht möglich sei. Ju­risten sprechen in so einem Fall von einer verdeck­ten Gewinnausschüttung.

In einem anderen Fall hat eine Testamentsvoll­streckerin und Vorständin eine Stiftung regelrecht geplündert, indem sie für fragliche Zwecke der Stif­tungskasse Gelder entnahm, die sie als gemeinnüt­zig deklarieren wollte (siehe DIE STIFTUNG 4/2020). Außerdem stellte die Vorständin dem Stiftungsvor­stand – sich selbst und weiteren Familienmitglie­dern – ihre privaten Räume gegen eine Mietgebühr zur Verfügung. Aber auch in diesem Fall reagierten die Stiftungsbehörden: Die Stiftungsaufsicht be­stellte einen Notvorstand, der die in Rechnung ge­stellten Beträge zurückforderte.

Eine weitere unlautere Möglichkeit, an das Geld ge­meinnütziger Organisationen zu kommen, besteht in der Zahlung hoher Gehälter. So könnte ein Stifter sich zum einzigen Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung bestellen und sich selbst über hohe Gehäl­ter die Stiftungserträge auszahlen. Aber auch hier schiebt der Bundesfinanzhof einen Riegel vor: Ein angemessenes Gehalt darf Gehälter von ähnlich verantwortungsvollen Posten in vergleichbaren Un­ternehmen, aus dem Non-Profit- oder aus dem For-Profit-Bereich, nicht wesentlich übersteigen.

„Auch wenn solche Fälle regelmäßig vorkommen, heißt das nicht, dass die gemeinnützigen Stiftungen Steuersparvehikel sind“, sagt Birgit Weitemeyer, Professorin für Steuerrecht an der Bucerius Law School. „Erstens ginge das auch mit einer GmbH – man kann praktisch mit allem im Steuerrecht ge­stalten. Und zweitens: Wenn das passiert, fällt es der Stiftungsaufsicht und/oder der Finanzverwal­tung früher oder später auf und der Bundesfinanz­hof unterbindet es.“

Das unbekannte Drittel

Vermutlich weniger bekannt ist, dass eine gemein­nützige Stiftung bis zu einem Drittel ihrer Erträge an den Stifter oder seine Kinder ausschütten darf. Paragraph 58 Absatz 6 der Abgabenordnung be­stimmt, dass Stiftungserträge genutzt werden dür­fen, „um in angemessener Weise den Stifter und sei­ne nächsten Angehörigen zu unterhalten, ihre Grä­ber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren“. Als Vo­raussetzung hierfür gilt allerdings, dass dies in der Stiftungssatzung ausdrücklich erlaubt ist. Besteht folglich die Gefahr, dass Stifter steuerbefreit Gelder an ihre Stiftungen übertragen, die sie dann peu à peu an an sich selbst oder ihre Kinder auszahlen?

„Man kann praktisch mit allem im Steuerrecht gestalten.“
Prof. Birgit Weitemeyer, Bucerius Law School

Wohl kaum: Zum einen findet sich in wenigen Stiftungssatzungen ein entsprechender Passus. Zum anderen ist die Auslegung der Formulierung „in angemessener Weise“ relativ strikt: Nach einhel­liger Expertenmeinung darf eine solche Unterstüt­zung nur dazu dienen, den notwendigen Lebensun­terhalt für die Stifterfamilie sicherzustellen – es geht also um eine Absicherung, die Verarmungsfäl­len vorbeugt und etwa die Ausbildung von Famili­enmitgliedern finanziell absichern kann.

Ähnlich restriktiv wird der Nießbrauch, ein Nut­zungsrecht etwa an einer Immobilie, geregelt. Auch dieser bezieht sich nur auf den angemessenen Un­terhalt und erlaubt keine Auslegung, die es etwa er­laubt, Luxusvillen und Yachten steuerfrei zu über­tragen. In der Praxis kämen kaum Fälle vor, in de­nen mit Nießbrauch oder dem Drittel an den Stif­tungserträgen Missbrauch betrieben werde, sagt Weitemeyer.

In der Praxis sei es häufiger, dass Stifter das Ver­mögen, das ihren Erben zukommen soll, von dem Vermögen trennen, das philanthropisch eingesetzt werden soll: Dafür können die Stifter entweder nur einen Teil ihres Vermögens in die gemeinnützige Stiftung einbringen, und der Rest bleibt im Privat­vermögen, oder sie gründen zwei Stiftungen: eine gemein- und eine privatnützige. Wie aber verhält es sich mit den privatnützigen Stiftungen – sind diese zum Gestalten von Steuern, wie Steuerprofis gerne formulieren, geeignet?

Zwischen privat- und gemeinnützig

Privatnützige Stiftungen dienen dazu, einem be­grenzten Kreis von Personen Förderung zukommen zu lassen. Sind die Begünstigten Verwandte, wie Kinder oder Enkel, spricht man von einer Famili­enstiftung. Familienstiftungen finden sich häufig im Umfeld vermögender Privatpersonen und von Un­ternehmen. Denn um die Nachfolge und Besitzver­hältnisse in Unternehmen für die nachfolgenden Generationen zu regeln, sind Stiftungen ein geeigne­tes Vehikel. Wie sieht es aber mit der steuerlichen Gestaltungsfähigkeit bei Familienstiftungen aus?

„Stiftungen können legale Regeln zur Vermögensgestaltung nutzen.“
Boris Piekarek, Kanzlei Winheller

Zunächst einmal gelten für eine Stiftung diesel­ben steuerlichen Spielregeln wie für andere Körper­schaften auch. Ihr Einkommen besteuert der Fiskus mit 15 Prozent Körperschaftssteuer, Solidaritätszu­schlag und gegebenenfalls Gewerbesteuer. Bei Aus­schüttungen fallen 25 Prozent Abgeltungssteuer an. Gleichwohl werben Steuerberater und Rechtsan­wälte damit, für ihre Mandanten durch Stiftungs­konstruktionen günstige Steuersätze herausholen zu können. Wie passt das zusammen?

„Stiftungen können wie alle Steuerpflichtigen le­gale Regeln zur günstigen Vermögensgestaltung nutzen. Dies bietet die Chance zum Vermö­gensaufbau, der bei Stiftungen in gewissem Umfang auch gewollt ist“, sagt Rechtsanwalt Boris Piekarek von der Kanzlei Winheller.

Steuerliche Vorteile gegenüber dem Privatver­mögen bringt die Familienstiftung insbesondere in der laufenden Besteuerung mit sich. So zahlt eine Stiftung nur etwa 15,8 Prozent Körperschaftssteuer inklusive Solidaritätszuschlag auf Kapitalerträge, Mieteinnahmen und andere Einkünfte, sofern keine Gewerbesteuer anfällt. Im Privatbesitz des Stifters wären die Mieteinnahmen hingegen weiterhin mit dem individuellen Einkommensteuersatz, also mit bis zu 47,475 Prozent zu besteuern. Schüttet die Stiftung Gelder aus, addieren sich die bereits ge­zahlten Steuern und die Abgeltungssteuer zu einem Steuersatz von rund 36,9 Prozent auf.

Dadurch, dass die Abgeltungssteuer aber erst mit der Ausschüttung fällig wird, kann die Stiftung als große Familiensparbüchse funktionieren, in der langfristig, etwa für die Versorgung zukünftiger Ge­nerationen, Vermögen erhalten und in gewissem Maße aufgebaut werden kann. Zusätzlich sind die auf die Stiftung übertragenen Vermögenwerte si­cher aufgehoben, da Haftungsansprüche oder an­dere Forderungen in den meisten Fällen nicht auf das Stiftungsvermögen zugreifen können, man spricht in diesem Zusammenhang auch von Asset-Protection.

Alle 30 Jahre fällig

Eine weitere Steuer, die vor allem Familienunter­nehmer und wohlhabende Personen beschäftigt, ist die Erbschaftssteuer. Erbschafts- beziehungsweise Schenkungssteuer fällt bei der Familienstiftung zu dem Zeitpunkt an, zu dem die Stiftung errichtet wird. Auch hier gibt es zwar geringe Freibeträge, aber vor allem gibt es bei unternehmerischem Pro­duktivvermögen, bei großen wohnwirtschaftlich re­levanten Immobilienunternehmen und bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen eine vollstän­dige oder teilweise Steuerbefreiung, sofern Halte­fristen eingehalten und Arbeitsplätze nur sehr be­grenzt reduziert werden.

„Man nennt das gemischte Stiftung. Das ist ein Trick, den man gefunden hat.“
Birgit Weitemeyer

Da die Familienstiftung eine unsterbliche juristi­sche Person ist, hat der Gesetzgeber sie aus Gleich­heitsgründen der sogenannten Erbersatzsteuer un­terworfen. Die Erbersatzsteuer simuliert alle 30 Jahre einen Erbfall – nach Ablauf dieser Zeit muss die Stiftung also auf ihr Vermögen Erbschaftssteuer zahlen. Gestaltungsspielraum besteht hier freilich auch: Da das Nettovermögen als Berechnungs­grundlage dient, können von dem besteuerten Ver­mögen Verbindlichkeiten abgezogen werden. Au­ßerdem gewährt der Gesetzgeber zwei fiktive Kin­derfreibeträge in Höhe von insgesamt 800.000 Euro. Dieser Freibetrag gilt unabhängig davon, ob der Stifter tatsächlich Kinder hat und ob diese bei Erb­schaften bereits Freibeträge steuermindernd ange­setzt haben. Bei Familienvermögen im Bereich meh­rerer Millionen Euro fallen diese Freibeträge aller­dings weniger stark ins Gewicht. Außerdem gelten ebenfalls die oben erwähnten Steuerbefreiungen für unternehmerisches Produktivvermögen, für große, als „wohnwirtschaftlich relevant“ erachtete Immobilienunternehmen und für land- und forst­wirtschaftliches Vermögen.

Insgesamt lässt sich durch Vergünstigungen, Freibeträge und andere Kniffe bei der Gestaltung der Erbschaftssteuer die Familienstiftung steuer­mindernd nutzen, die mit einer gewissen Laufzeit auch die Kosten der Stiftungserrichtung amortisie­ren. Dass die privatnützige Stiftung deswegen ein Steuervermeidungsvehikel ist, will Piekarek aber nicht gelten lassen: „Wer nur platt Steuern sparen will, für den ist die Stiftung nicht geeignet; sie ist kein Steuersparmodell. Wer aber seine ertragbrin­genden Vermögenswerte neu strukturieren möchte und dabei auch auf steuerliche Optimierung schaut, für den kann die privatnützige Familienstiftung das Mittel der Wahl sein.“

Missbräuchliche Nutzung

Birgit Weitemeyer sieht das kritischer: Es gebe zwei Wege, wie Familienstiftungen missbräuchlich dazu genutzt würden, die Erbersatzsteuer zu vermeiden. Zum einen sei die Voraussetzung für die Erbersatz­steuer, dass die Stiftung überwiegend einer Familie diene. Ist eine Stiftung aber mit mindestens 51 Pro­zent ihrer Erträge gemeinwohlorientiert tätig, so fällt die Erbersatzsteuer nicht an. „Man nennt das eine gemischte Stiftung“, sagt Weitemeyer. „Das ist ein Trick, den man gefunden hat.“

„Eine solche Konstruktion zu verbieten, hat man einfach verpennt.“
Birgit Weitemeyer

Des Weiteren lasse Paragraph 28a des Erbschafts­steuergesetzes zu, die Familienstiftung zur Steuer­vermeidung zu nutzen. Demnach entfällt die Erb­schaftssteuer, wenn der Erbe außer dem Familien­unternehmen, das er erbt, kein sogenanntes freies Vermögen hat – weil dieser sonst das Unternehmen liquidieren müsste. „Jetzt werden munter Famili­enstiftungen gegründet, auf die Teile der Firma ver­teilt werden, die dann über kein freies Vermögen verfügen“, sagt Weitemeyer. In Expertenkreisen sei man sich einig, dass diese Praxis unterbunden wer­den müsse. „Das dauert eine Weile, bis das durchsi­ckert in die Politik. Aber in Fachkreisen ist das be­kannt und wird kritisiert.“

„Neofeudalistische Strukturen“

Darüber hinaus äußert Weitemeyer scharfe grund­legende Kritik an der Familienstiftung als Instituti­on: „Familienstiftungen dürfen unbegrenzt Gelder an die Erben ausschütten, ähnlich wie bei einem Fa­milienfideikommiss.“ Ein Familienfideikommiss war im preußischen Recht ein Vermögen, das – meist in den Händen Adliger – nicht verkauft, nicht verpfän­det und von Gläubigern nicht behelligt werden konnte. Ein Vermögen also, das auch bei Insolvenz von Familienmitgliedern nicht angetastet werden durfte und weiterhin Erträge einbrachte. Die mo­derne Familienstiftung widerspreche der Abschaf­fung des Fideikommisses aus dem Jahr 1919 per Weimarer Reichsverfassung. „Das sind neofeudalis­tische Strukturen“, sagt Weitemeyer. „Sie entspre­chen nicht unserem freiheitlichen Gesellschaftsmodell: Eine solche Konstruktion zu verbieten, hat man in Deutschland einfach verpennt.“

Bisher falle dies noch nicht stark ins Gewicht, weil die Anzahl an Familienstiftungen noch über­schaubar sei. Diese Zahl nehme aber zu. In fast al­len anderen europäischen Ländern sei diese Art von Stiftung verboten: „In Frankreich, Spanien, Itali­en: Da gibt es so etwas wie eine Familienstiftung nicht. In Dänemark oder auch der Schweiz, die häu­fig als Stiftungs-Eldorado gilt, darf eine Stiftung nur sehr beschränkt an die Familie ausschütten, etwa zur Förderung der Ausbildung der Kinder oder für einen angemessenen Lebensunterhalt.“ Lediglich in den angloamerikanischen Ländern finde sich das Vorbild für die Familienstiftung: der Trust. Dass der Gesetzgeber die Familienstiftung noch einmal abschaffen könnte, glaubt Weitemeyer hin­gegen nicht: „Die Diskussion würde ich gerne füh­ren, der Zug ist aber abgefahren. Das ließe sich po­litisch nicht durchsetzen. Es wird kaum möglich sein, das Rad zurückzudrehen.“

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